Nach dem Brandanschlag auf ein Roma-Wohnhaus in Plauen (Sachsen) brannte nun auch das Ersatz­quartier. Dies­­mal star­­ben zwei Men­schen. Vor drei Wochen sahen einige der Roma, wie sich Ver­däch­tige im Haus zu schaf­fen mach­ten – die Polizei wollte ihnen nicht glauben.

Radio Dreyeckland: Antiziganismus in Motiv und Umgang mit der Tat?

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Am Morgen des 5. Februar starben in Plauen zwei Per­so­nen beim Brand eines Wohh­hauses. Ein Mann und eine Frau, deutsche Staats­ange­hö­rige. Vier weitere Perso­nen wur­den teils schwer ver­letzt. Be­trof­fen war die Dach­geschoss­wohnung ei­nes Mehr­fami­lien­hauses in der Dürer­straße. Die Men­schen in den darunter­lie­gen­den Wohnun­gen konn­ten sich ret­ten. In dem Haus in der Dürer­straße waren sechs deut­sche Staats­an­gehö­rige ge­meldet und 30 Per­so­nen mit ande­ren Staats­an­gehörig­keiten. Zum Zeit­punkt des Brandes hiel­ten sich nach Aus­sagen eines Erst­helfers wo­mög­lich noch mehr Leute in dem Haus auf. Viele der Bewoh­ner/innen waren erst seit kur­zem in das Haus ge­zogen. Und zwar des­halb, weil ihr vori­ges Wohn­haus, weni­ge Stra­ßen weiter in der Trockental­straße, kurz zuvor, am 29. De­zem­ber 2017, eben­falls durch einen Brand un­be­wohn­bar gewor­den war. Schon zuvor hatte es dort laut dem Verein Romano Sumnal Brände ge­ge­ben. In der Nacht vom 29. auf den 30. De­zem­ber wur­den von den min­des­tens 40 Be­woh­ner/innen 19 ver­letzt, darunter acht Kinder. Mit schwe­ren Brand­verletzungen wur­den eine schwan­gere 29-jäh­rige Frau und ihr zwei­jähriger Sohn sowie ein fünf­jäh­ri­ges Kind und eine 39-jäh­ri­ge Frau in eine Spezial­klinik ein­ge­lie­fert. Bei den Be­woh­ner/innen han­delte es sich vor allem um Roma aus der Slowakei und aus Rumänien.

Wäh­rend des Brandes hal­fen eini­ge An­woh­ner und Passan­ten. Zwei jugend­li­che Helfer be­rich­te­ten je­doch, dass sie gefragt wurden, warum sie hel­fen – man solle die Leute doch ver­bren­nen las­sen. Ein An­woh­ner habe „Sieg Heil“ ge­rufen. Feuer­wehr­leute sollen bei den Rettungs­arbeiten an­gegrif­fen wor­den sein. Einen rassisti­schen Hinter­grund schloss die Polizei jedoch bald aus. Ver­dächtigt wurde zu­nächst ein ehe­ma­li­ger Bewohner des Hauses, der mit dem Ver­mie­ter Streit ge­habt ha­ben soll. Man­gels Beweisen wurde er aber wieder frei­gelas­sen. Nach dem Um­zug in die Dürerstraße hatten die ehe­mali­gen Be­woh­ner/innen der Trocken­tal­str. 86 Angst vor weite­ren Anschlägen. Mit­te Ja­nuar über­rasch­ten Haus­bewoh­ner/innen im Keller drei Männer, die mit einer weißen Flasche han­tier­ten und nach ihrer Ent­deckung weg­lie­fen. Die hinzu­geru­fene Polizei sah jedoch keine Hin­weise auf Brand­stiftung und habe keine ver­däch­ti­gen Per­so­nen an­getrof­fen.

Derweil wurden die Be­woh­ner/nnen des be­trof­fe­nen Hauses auch noch Opfer von An­fein­dun­gen und Unter­stel­lun­gen mit den übli­chen anti­ziganis­ti­schen Unter­tönen. Nicht nur von ihrer Armut und den schlech­ten Wohn­ver­hält­nis­sen, son­dern auch von Ruhe­störun­gen, Müll und Ver­schmutzung, Kin­des­wohl­gefähr­dung war da die Rede. Es gab An­wohner­beschwer­den und Polizei­ein­sätze.

Romano Sumnal – ein Verein für Roma in Sachsen mit Sitz in Leipzig – hat­te sich mit einem offe­nen Brief an den Landrat, den Ober­bürger­meis­ter von Plauen und an die Öffent­lich­keit ge­wandt und for­derte: „sich gegen Rechte Taten und Äuße­run­gen zu stellen; die Ermittlungs­arbeit mit al­len Mit­teln zu unter­stützen und zu be­fördern; die Betroffenen zu schützen, zu ver­sor­gen und weite­ren Anschlägen prä­ventiv ent­gegen­zu­wirken.“ Romano Sumnal be­treut auch die Über­lebenden der Brandanschläge und sam­melt dafür Spenden. Wir haben den 1. Vor­sitzen­den von Romano Sumnal, Gjulner Sejdi, um eine kur­ze Stellung­nahme ge­beten. Er war am Tag nach dem letz­ten Anschlag in Plauen und hat­te mit Be­trof­fenen ge­sprochen.

(Text: rdl.de)