Jeder Dritte in Deutschland will Sinti und Roma nicht als Nachbarn haben, wie unlängst eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ergab. Das ist erschreckend und besorgniserregend, besonders für mich als deutsche oder auch kölsche Romni.

Unwissenheit, Vorurteile und teils offene Ablehnung gegen die Bevölkerungsgruppen der Sinti und Roma sind in Deutschland tatsächlich weit verbreitet. Vor allem in jüngster Zeit wurden Ressentiments von manchen Medien und Politikern befeuert. Das wurde gerade in der aktuellen Diskussion über die Zuwanderung von Menschen aus den EU-Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien deutlich. Oft werden Roma auf Probleme und Konflikte reduziert, auf Schlagworte wie „Kriminalität“, „Betteln“ oder „Schmutz“.

So entwickelt sich in der deutschen Bevölkerung fast zwangsläufig eine Wahrnehmung von Sinti und Roma, die mit der Realität kaum übereinstimmt. Es entsteht Antiziganismus, also eine Vereinheitlichung der Bevölkerungsgruppen, der diese negativen Eigenschaften zugeschrieben werden. Doch Ethnizität oder Nationalität kann keine Handlung erklären. Der Politologe Markus End hält in der Studie „Antiziganismus in der deutschen Öffentlichkeit“ fest, dass in Berichten meist unerwähnt bleibt, ob die Roma alt oder jung, karriereorientiert oder familiär, arm oder reich, traditionell oder modern, Amerikaner, Europäer oder Australier sind.

Die Reduzierung auf negative Attribute hat fatale Folgen. Viele Sinti und Roma verschweigen ihre Identität aus Angst vor Diskriminierung und geben sich formal als Mazedonier, Italiener oder auch als Deutsche aus. Sie finden sich wieder in einer permanenten Verteidigungshaltung: Wenn einem von Anfang an Skepsis und Misstrauen entgegenschlägt, fällt es schwer, sich auf unvoreingenommener Basis zu begegnen. Auch ich stelle mir angesichts einer solchen Ablehnung manchmal die Frage, wem gegenüber ich mich noch guten Gewissens als deutsche Romni outen kann.

Alle, natürlich auch Sinti und Roma, müssen ihren Teil beitragen, damit Vorurteile und Ablehnung, Ängste und Unwissenheit überwunden werden können. „Rom“ bedeutet auf Deutsch „Mensch“ und als nichts anderes wollen wir gesehen werden.