Im Laufe der Geschichte ist es immer wieder zu Ereignissen gekommen, die perfekt dazu geeignet sind, rassistische Gewalt auszulösen. Der Brand der historischen Burg Krásna Hôrka im letzten Jahr lieferte der slowakischen extremen Rechten ein eigenes.
Im Laufe der Geschichte ist es immer wieder zu Ereignissen gekommen, die perfekt dazu geeignet sind, rassistische Gewalt auszulösen. Am 10. März des vergangenen Jahres schauten die Einwohner der in den Bergen der Ostslowakei gelegenen Gemeinde Krásnohorské Podhradie zum Berg in der Ortsmitte hinauf und sahen, dass ihre geliebte, im 14. Jahrhundert erbaute Burg Krásna Hôrka in Flammen stand. Als die Feuerwehr endlich auf dem Berg ankam, war der Dachstuhl bereits ausgebrannt und im Glockenturm waren drei Glocken geschmolzen.
Am folgenden Tag verkündete ein Sprecher der Polizei, dass das Feuer von zwei elf- und zwölfjährigen Roma-Jungen verursacht worden sei, die in einem Ghetto am Stadtrand lebten. Während sie am Fuße des Berges versuchten, eine Zigarette anzuzünden, soll ein ungewöhnlich starker Windstoß die glühende Zigarettenasche den Berg hinaufgeweht haben, wo sie das auf dem Gelände der Burg verstreute Holz entzündete. Schuldig oder unschuldig, die Beschuldigten und ihre Familien gerieten in Panik—möglicherweise weil in den letzten zwei Jahren Dutzende gewaltsamer Übergriffe auf Roma stattgefunden hatten, so das European Roma Rights Center (Europäisches Zentrum für die Rechte der Roma). Aus Angst vor Vergeltung wurden die Jungen umgehend zu Verwandten geschickt, während die Roma-Männer sich in der Nacht darauf vorbereiteten, ihre Gemeinde zu verteidigen. Letztendlich wurden die Jungen aufgrund ihrer Minderjährigkeit nicht angeklagt, doch da war es bereits zu spät: Die Vorstellung, dass „Zigeunerkinder“ ein Wahrzeichen des slowakischen nationalen Erbes in Brand setzen, schien die Vorurteile vieler weißer Slowaken gegenüber den ärmsten Bürgern ihres Landes zu schüren. Der Brand der Burg Krásna Hôrka lieferte der slowakischen extremen Rechten ein eigenes Äquivalent zum Reichstagsbrand 1933—ein symbolisches Ereignis, das ihnen zur Rechtfertigung brutaler Maßnahmen dient. Mitte März flog ich in die Slowakei und fuhr nach Krásnohorské Podhradie zu einer Gedenkveranstaltung anlässlich des Jahrestages des Brandes von Krásna Hôrka. Marián Kotleba, ein ehemaliger Lehrer und nun Chef der extrem rechten Volkspartei Unsere Slowakei (slowakisch: udová strana Naše Slovensko, kurz L’SNS), hoffte, seine trüben Aussichten auf Wählerstimmen mit dem Thema Krásna Hôrka und seinem Kampf gegen die „Zigeunerkriminalität“ zu verbessern. Nach meiner Ankunft begab ich mich auf einen Platz vor der Stadtverwaltung. Eine Gruppe von etwa 150 Menschen—Skinheads, entschlossen wirkende Einwohner und etwa zwölf grün gekleidete Mitglieder des Offizierskorps—waren versammelt, um Mariáns Rede zu lauschen. Mein Dolmetscher riet mir, nicht in der Nähe der Menge zu parken, damit die ungarischen Nummernschilder unseres Leihwagens möglichst nicht auffielen. „Wenn es etwas gibt, das die Neonazis noch weniger leiden können als Roma, dann sind es Ungarn“, erklärte er halb im Scherz und meinte damit die ablehnende Haltung der Slowaken gegenüber ihrem ehemals imperialen Nachbarn.
Marián, ein kleiner, schnurrbärtiger Mann im schwarzen Kampfanzug, stand vor seinem blauen, zebragestreiften Hummer, flankiert von zwei Skinheads, die die große, grüne Parteifahne schwenkten. „Uns gefällt nicht, dass die Regierung anständige Bürger benachteiligt, um die Situation dieser Parasiten zu verbessern“, sagte er in ruhigem, sachlichem Ton. Ein riesiger gelber Baukran zur Reparatur des Burgdaches ragte auf dem Berggipfel über der Burg hervor. „Die ausgebrannte Burg ist ein Symbol für das, was passieren wird, wenn die Regierung weiterhin nichts gegen diese zunehmende Bedrohung unternimmt“, fuhr Marián fort. „Wenn wir nichts dagegen unternehmen, wird alles noch viel schlimmer … Wenn der Staat diese Zigeunerextremisten nicht so unglaublich gut versorgen würde, was glaubt ihr, würde dann passieren? Sie würden alle nach England gehen. Sie können überall hingehen; es steht ihnen frei. Wenn sie in der Slowakei so sehr leiden: Niemand hält sie auf. Niemand wird sie vermissen. Ich muss euch, glaube ich, nicht sagen, dass ich sie auf keinen Fall vermissen würde.“ Begeisterter Applaus aus der Menge. Marián wetterte noch weitere 20 Minuten gegen die Europäische Union und plädierte für die Rechte der „anständigen Bürger“—ein Synonym für weiße Slowaken. Er beendete die Versammlung, indem er den Bewohnern der Stadt nahelegte, „endlich die Augen zu öffnen und etwas zu unternehmen“. Nach der Rede unterhielt ich mich mit einigen Skinheads. Einer von ihnen, Marek, schlug vor, man solle Roma in Reservate stecken „wie die für die Ureinwohner Amerikas“. Ein Teenager im grauen Tarnanzug mit einem Aufnäher „ALL COPS ARE BASTARDS“ geiferte: „Die Zigeuner sollte man alle vergasen“, bevor ihn ein älterer Nazi wegzerrte. Noch am selben Abend fuhr Marián in seinem Hummer als Höhepunkt des Tages in die ärmliche Roma-Siedlung am Rande des Dorfes und bedrohte deren Bewohner. Er kündigte an, die Roma-Siedlung räumen und ihre Häuser abreißen zu lassen. Die Bewohner reagierten, indem sie Steine warfen und den Hummer mit Hämmern attackierten. In einer Stellungnahme kurz nach dem Vorfall schrieb Marián: „Uns blieben nur zwei Möglichkeiten. Wir konnten so radikal handeln wie Milan Juhász [ein Polizist a. D. aus der Westslowakei, der im vergangenen Sommer fünf Roma-Männer verletzt und getötet hatte mit der Begründung, er habe „die Ordnung wiederherstellen müssen“]. Wir hatten vier Gewehre und etwa 250 Schuss Munition dabei. Aber wir beschlossen, der Polizei eine letzte Chance zu geben.“ Ganzer Artikel:
Quelle: VIZE