NS-Völkermord an den Sinti und Roma blieb weit­ge­hend unge­sühnt – Doku­men­ta­tion über Ver­fahren der Justiz gegen die Täter ver­öf­fent­licht

Der Zentral­rat Deutscher Sinti und Roma veröf­fent­­licht eine Doku­men­ta­tion mit dem Titel Schonung für die Mörder? – Die justi­zielle Behand­lung der NS-Völker­mord­ver­bre­chen und ihre Bedeu­tung für die Gesell­schaft und die Rechts­kultur in Deutsch­land. Der Zentralrat will mit diesem Projekt über die jahr­zehnte­langen Initia­tiven des Ver­bandes und seiner Gründer für eine rechts­staat­liche Ver­folgung der Täter und Orga­ni­sa­toren des NS-Völkermordes in­for­mie­ren und das Ver­sagen der Justiz­be­hör­den bei den Ermitt­lungs­ver­fah­ren doku­men­tieren. „Hier sehen wir uns nicht nur in der Ver­ant­wor­tung gegen­über den Opfern und den Über­leben­den des Holocaust, son­dern auch in der Pflicht zur Be­wah­rung des Rechts­staats“, erklärte heute der Vor­sitzen­de des Zentral­rats, Romani Rose, in Hei­del­berg.

Nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern hatten die Überlebenden schon sehr früh in Eingaben an die Justiz kritisiert, dass die ihnen bekannten Mörder unbehelligt in Freiheit waren und frühere Funktionen in den Behörden wieder ausübten

. Die Mitbegründer der Bürgerrechtsbewegung der deutschen Sinti und Roma, Vinzenz und Oskar Rose, schrieben im Jahre 1948 an die Justiz in München: „Sie werden verstehen, dass wir ein großes Interesse daran haben, diese Leute unschädlich zu wissen, denn sie waren ja die Triebfeder, aufgrund derer viele ungezählte Menschen den Tod fanden, darunter aus unserer Familie allein dreizehn.“ Die Täter wurden bis zu ihrem Lebensende nicht strafrechtlich belangt.

Anlass für die vorgelegte Bestandsaufnahme, zu der noch ein zweiter Band folgen wird, sind vor allem die ab dem vergangenen Jahr neu zur Anklage gebrachten Strafverfahren gegen mehrere in Deutschland noch lebende Angehörige der SS-Wachmannschaft von Auschwitz – meist im Alter von über 90 Jahren – und die öffentliche Diskussion dazu. In dem jetzt erschienenen Band sind auch die Beiträge einer Konferenz zu der Thematik aus dem Jahre 1992 enthalten, an der Repräsentanten der zuständigen deutschen und ausländischen Strafverfolgungsbehörden sowie Medienvertretern in der Akademie Boll teilgenommen haben. Diese erscheinen heute wieder aktuell.

Die Dokumentation ist beim Zentralrat Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg zu beziehen.

(Text: Arnold Roßberg, Pressemitteilung des Zentralrats/PDF)