Die 24jährige Roma, deren Abschiebung am Freitag durch Flüchtlingsaktivisten verhindert wurde, hat versucht, sich das Leben zu nehmen.
Derzeit liegt Dervis R. in einem Beobachtungszimmer des Bezirksklinikums Regensburg. Mit einem Cocktail aus Medikamenten und Alkohol hat die 24jährige am Samstag versucht, sich das Leben zu nehmen.
„Die Stadt ist hier nicht die Behörde, die entscheidet…“
Wie berichtet, sollte Dervis R. am vergangenen Freitag nach Bosnien-Herzegowina abgeschoben werden. Weil etwa 40 Aktivisten den Eingang zur Flüchtlingsunterkunft blockierten, ließ Oberbürgermeister Joachim Wolbergs „angesichts dieser Eskalation und um die Verhältnismäßigkeit einer behördlichen Maßnahme zu wahren“, die Abschiebung vorübergehend aussetzen. Die Stadt habe allerdings keinen Einfluss auf den weiteren Gang des Verfahrens. Wolbergs: „Die Stadt ist hier nicht die Behörde, die entscheidet, sondern die Behörde, die eine andernorts gefällte Entscheidung zu vollziehen hat. Das ist nun mal die Rechtslage, an die wir uns zu halten haben.“ Entsprechend bleibe die Aufforderung zur Ausreise bestehen.
Sexuelle und körperliche Gewalt – auch durch die Polizei
Dervis R. ist, wie berichtet, transsexuell und war nach ihren Schilderungen in Bosnien-Herzegowina schwerer körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt – auch durch die dortigen Polizeibehörden.
Laut Untersuchungen von Pro Asyl, Europäischer Kommission und US-Außenministerium sind Homo- und Transsexuelle in dem Balkanstaat regelmäßig Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Ähnliches gilt für Roma. Ungeachtet dessen wurde Bosnien-Herzegowina im vergangenen Jahr durch das Bundeskabinett zu einem sogenannten „sicheren Drittstaat“ erklärt. Damit kann ein entsprechender Asylantrag durch die Behörden ohne nähere Prüfung als „offensichtlich unbegründet“ abgewiesen werden.
Entsprechend erging es Dervis R.: Das Bundesamt für Migration hat ihren Asylantrag ebenso abgelehnt wie das Verwaltungsgericht Regensburg. Auch eine Petition an den Bayerischen Landtag, in der die Namen von Tätern genannt werden, blieb erfolglos.
„Unser Staat treibt die Menschen in die Enge.“
Marion Puhle vom Regensburger Flüchtlingsforum betreut Dervis R.. Sie hat sie am Sonntag besucht. Puhle klingt selbst noch ziemlich mitgenommen, als sie sagt, dass Dervis R. viel geweint habe. „Nach dem monatelangem Druck hat sich am Samstag ihre permanente Angst entladen.“ Sie habe Wodka und „etliche starke Antidepressiva“ geschluckt. Mitbewohner hätten die Rettungskräfte gerufen, die R. zunächst ins Universitätsklinikum gebracht haben. Später wurde sie ins Bezirksklinikum verlegt und steht nun unter Beobachtung, um einen erneuten Suizidversuch zu verhindern. Das habe Dervis R. bereits angekündigt, so Puhle. „Unser Staat treibt die Menschen derart in die Enge, dass sie oft keinen anderen Ausweg mehr sehen“, kritisiert sie.
Suizidversuche verdoppelt
Tatsächlich haben sich die Suizidversuche in bayerischen Flüchtlingsunterkünften im vergangenen Jahr verdoppelt. Fast 50 Menschen versuchten nach Angaben des bayerischen Sozialministeriums 2014, sich das Leben zu nehmen – das ist ein Suizidversuch pro 300 Asylbewerber. Im Vorjahr lag die Quote bei eins zu 668.
Für die Unterstützung durch die Demonstranten am Freitag habe Dervis R. sich ausdrücklich bedankt, so Puhle. „Sie hat aber jetzt Angst, dass die Behörden jederzeit wieder kommen könnten, um sie abzuholen.“
Quelle: Regenburger Digital