Studie: Roma-Berichterstattung in der Schweiz
In den letzten Jahren hat sich die Rroma Foundation eingehend mit der Berichterstattung über Rroma auseinandergesetzt. Einerseits wurden europaweit erschienene Artikel analysiert, andererseits untersuchten wir die in den letzten fünf Jahren entstandenen Texte grosser Deutschschweizer Zeitungen. Die hier präsentierte Studie behandelt den letzteren Teil.
Die Rroma Foundation hat die Artikel der «Neuen Zürcher Zeitung» (inclusive «NZZ am Sonntag»), der «Wochenzeitung» (WOZ), des «Tages-Anzeigers», der «Weltwoche», der «SonntagsZeitung», des «Beobachters», der «20 Minuten» und des «Blick» berücksichtigt. Für den Zeitraum von 2008 bis 2013 wurden von diesen Zeitungen 297 Artikel selektiert, untersucht und analysiert.
Zusammenfassung der wichtigsten Resultate
Als erstes ist zu erwähnen, dass es leider (…) auch in der hier untersuchten Artikelsammlung kaum einen positiven Artikel über Rroma gibt. Was an eine positive Berichterstattung am ehesten herankommt, ist die häufig verbreitete Darstellung der Rroma im Ausland als Opfer staatlicher Gewalt und Diskriminierung. Trotzdem fehlen jegliche positiven Bilder im Zusammenhang mit Rroma
. Weitere, wesentliche Erkenntnisse der Studie sind, dass alle untersuchten Medien Stereotype und Falschinformationen über Rroma voneinander übernehmen, transformieren, in einem anderem Kontext wieder einbringen und so zu einer Perpetuierung nicht fundierter Vorurteile, Fehlinformationen und Missverständnisse beitragen. Ein weiteres Resultat ist, dass die Deutschschweizer Medien im Zusammenhang mit im Inland agierenden Rroma fast ausschliesslich die Aktionen einer kleinen hier in Erscheinung tretenden Minderheit der Rroma behandeln.
In der Auslandberichterstattung dagegen beschränkt sich der Fokus wiederum fast ausschliesslich und generalisierend auf Armut, Bildungsferne und soziale Ausgrenzung, vor allem in Osteuropa. Rroma sind somit in der Schweiz generell als Täter und im Ausland als Opfer dargestellt. Unberücksichtigt bleiben historische, sozialwissenschaftliche und linguistische Studien und Statistiken über die Lebensweise der grossen Mehrheit der Rroma, in der Schweiz und im Ausland. So sind Rroma in der überwiegenden Mehrheit seit Jahrhunderten sesshaft und nicht fahrend. Viele von ihnen leben in gutbürgerlichen Umständen, haben entsprechende Ausbildungen und Berufe, leben unauffälig und entziehen sich deshalb dem medialen Interesse. Da sich die mediale Aufmerksamkeit auf eine kleine ausgegrenzte Minderheit der gesamten Rroma-Minderheit richtet, werden die dadurch verbreiteten negativen Stereotype auf die ganze Bevölkerungsgruppe übertragen.
Die Studie der Rroma Foundation unterscheidet in der Deutschschweizer Berichterstattung folgende negativen Stereotype: Ethnische und kulturelle Zuschreibung, vor allem im Bereich Kriminalität; Prostitution und Patriarchat; der archaische, in vorzeitlichen Strukturen lebende exotische Rrom; die generalisierte Problematik der Armut und Bildungsferne; in den Bereichen Freizügigkeitsabkommen und Asyl das Motiv der Einwanderung; die Mär des Fahrens; die Fokussierung der Berichterstattung auf eine Minderheit der Minderheit und schliesslich fehlende oder lückenhafte Quellen.
(Text: Rroma Foundation / Rroma Contact Point)