4.383 österreichische Roma und Sinti wurden 1942 im NS-Ver­nich­tungs­la­ger Kulmhof (Chełmno) er­mor­det. Erst jetzt wur­de ein Ge­denk­stein für sie er­rich­tet.

Am 2. und 3. August 2016 wurde an vier polnischen Gedenk­stätten der vor 75 Jahren von den National­sozialisten ver­schlepp­ten und in der Folge ermor­de­ten öster­rei­chi­schen Roma und Sinti gedacht und ein Gedenk­stein ent­hüllt. Der Prä­si­dent des burgen­län­di­schen Landtags, Christian Illedits, die Prä­si­den­tin des Land­tags Steiermark, Bettina Vollath, und der Ob­mann des Kultur­vereins Öster­rei­chi­scher Roma, Christian Klippl, hiel­ten dabei die Gedenk­reden zu dem in Romanes als „Porajmos“ be­zeich­ne­ten Roma-Genozid.

Am 3. August fand am Rande des Roma-Massengrabs im Wald bei Chełmno nad Nerem im Rah­men einer großen Gedenk­feier mit pol­ni­schen Roma aus dem ganzen Land und pol­ni­scher poli­ti­scher Pro­mi­nenz die Ent­hül­lung eines Gedenk­steins zur Erin­ne­rung an die er­mor­de­ten öster­rei­chi­schen Roma statt. Dessen Inschrift lau­tet fol­gen­der­maßen:

Gewidmet allen, die als ganze Familien in den Himmel ge­zo­gen sind … – Zum Ge­den­ken an etwa 4.300 Roma und Sinti aus Öster­reich, die im Jänner 1942 aus dem Ghetto Litz­mann­stadt in das Ver­nich­tungs­lager Kulmhof ver­schleppt und dann im selben Monat von den deut­schen Be­satzern er­mor­det wur­den. Ihre Schreie und Leiden nahm der Erd­bo­den auf, der die Asche tau­sen­der Opfer ver­birgt. Wir wer­den Euch nie ver­gessen!

Nur wenige Monate nach ihrer Verschleppung nach Łódź (siehe: Infotext: Die Łódź-Deportationen 1941) wurden die Roma in das natio­nal­sozia­lis­ti­sche Ver­nich­tungs­lager Kulmhof ge­bracht, wo sie An­fang 1942 in so­ge­nann­ten „Gaswagen“ – mittel­großen LKWs, in wel­che die Aus­puff­gase ge­lei­tet wur­den – er­mor­det wurden.

Den Ehrenschutz über diese Veranstaltung haben der der­zei­tige öster­rei­chi­sche Bundes­präsident und der pol­nische Staats­prä­si­dent Andrzej Duda über­nommen. Die Seg­nung des Gedenk­steins wurde durch den öster­rei­chi­schen Weih­bischof Franz Scharl gemein­sam mit dem pol­ni­schen Weih­bischof Damian Bryl durch­ge­führt. Die Errich­tung des Gedenk­steins war maß­geb­lich vom heuer ver­stor­be­nen Obmann des Kultur­vereins öster­rei­chi­scher Roma, Prof. Rudolf Sarközi, unter­stützt wor­den. Ab­schließend wur­de von je einem öster­rei­chi­schen und pol­ni­schen Roma-Ju­gend­li­chen der ge­mein­same „Appell der Jugend an die Welt“ ver­lesen.

Der österreichische Botschafter in Polen, Dr. Thomas M. Buchsbaum, sagte vorab: „Es hat 75 Jahre ge­dauert, dass die Tau­sen­den ver­schlepp­ten öster­rei­chi­schen Roma und Sinti an ihrer Er­mor­dungs- und Begräb­nis­stätte eine dauer­hafte Er­wäh­nung finden. An­ge­sichts auch heu­tiger In­tole­ranz und Aus­gren­zung von Minder­heiten sowie Hass­reden soll­te uns dieser Stein auch ein Auf­trag sein, Roma und an­de­ren Min­der­hei­ten einen recht­lich wie tat­säch­lich eben­bürti­gen Platz und gleiche Chancen in un­se­rer Gesell­schaft ein­zu­räu­men und sich jeg­licher ande­rer Ent­wick­lun­gen laut zu wider­setzen.“

Gedenkfeiern in Auschwitz und Łódź

Die Gedenken begannen am 2. August im Vernichtungs­lager Auschwitz-Bir­ke­nau. Das Datum erin­nert an die Liqui­die­rung des „Zigeu­ner(familien)la­gers“ in Birkenau am 2./3. Au­gust 1944, wo et­li­che Hun­derte öster­rei­chi­sche Roma um­kamen oder er­mor­det wur­den. Am Abend des 2. August wur­de in Łódź der Ver­schlep­pung der über 5.000 burgen­län­di­schen und stei­ri­schen Roma und Sinti an der öster­rei­chi­schen Roma-Gedenk­stätte des ehe­ma­ligen „Zigeunerlagers“ am Rand des ehe­ma­li­gen Ghettos „Litzmannstadt“ ge­dacht – ge­mein­sam mit pol­ni­schen Roma aus der Region sowie Ver­tre­tern der katho­li­schen wie evan­ge­li­schen Kirche und der jüdi­schen Gemeinde und der Po­litik. Zuvor wer­den die öster­rei­chi­schen Dele­gier­ten den jüdischen Friedhof in Łódź be­su­chen, wo viele der in Łódź um­ge­kom­me­nen Roma be­er­digt wurden und eine vor fünf Jah­ren ent­hüllte Gedenktafel daran erin­nert (siehe: Roma-Gedenk­tafel in Łódź ent­hüllt). Drei Pol­In­nen, wel­che sich um die Roma­gedenk­stätte in Łódź beson­dere Ver­dienste er­wor­ben haben, wurden mit burgen­län­di­schen Ehrenzeichen aus­ge­zeichnet.

(Text: Österr. Botschaft in Polen)